Dürfen Vermieter das Lüften vorschreiben? 6 wichtige Fakten

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Dürfen Vermieter das Lüften vorschreiben

Unzureichendes oder falsches Lüften kann zu Schimmelbildung und erheblichen Schäden an der Bausubstanz führen.

Vermieter dürfen verlangen, dass Mieter durch richtiges Lüften zum Erhalt der Mietsache beitragen, soweit ihnen dies zuzumuten ist.

Wie oft und wie lange Mieter lüften müssen, entscheiden die Gerichte je nach Einzelfall.

Dabei spielen die baulichen Zustände, die klimatischen Verhältnisse und auch der persönliche Lebensstil der Bewohner eine Rolle.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie als Mieter Ihre vertraglichen Pflichten erfüllen und sich für den Fall wappnen können, dass es zu Streitigkeiten kommt.

1. Kann der Vermieter ein bestimmtes Lüftungsverhalten vorschreiben?

Der Vermieter darf dem Mieter das “richtige” Lüftungsverhalten vorschreiben, um Schimmelbildung zu verhindern und so schwerwiegende Schäden der Bausubstanz zu vermeiden.

Welches Lüftungsverhalten richtig ist, kann sich nach Art und Zustand der Immobilie unterscheiden.

In Altbauten mit unzureichender Dämmung kann die Luft häufig besser zirkulieren als in einem modernen, isolierten Neubau.

Deshalb muss ein Mieter im Neubau im Regelfall öfter lüften als in Altbauten.

Weiterhin kommt es auf die Raumgröße und die Fenstermaße an.

Einige Grundregeln gelten aber für alle Räume: 

  • Kurzes Stoßlüften für 10 bis 15 Minuten oder Querlüften für 2 bis 3 Minuten ist viel effektiver, als die Fenster nur zu kippen.
  • Wie lange Sie lüften müssen, hängt davon ab, wie groß der Unterschied zwischen Innen- und Außentemperatur ist und wie stark der Wind weht: Je kälter und windiger es draußen ist, desto schneller ist der Luftaustausch abgeschlossen.
  • Damit die Luft zirkulieren kann, sollten die Möbel nicht zu dicht an den Außenwänden, sondern mit 2 bis 4 cm Abstand davor stehen.
  • Nach dem Duschen oder Baden und nach dem Kochen oder Bügeln sollten Sie die entstandene Feuchtigkeit sofort abziehen lassen.
  • Singles müssen weniger oft lüften als Großfamilien, vor allem, wenn mehrere Personen in einem Zimmer schlafen.
  • Im Sommer kann zu seltenes Lüften kaum zu Feuchtigkeitsschäden führen, umso nötiger ist frische Luft während der Heizperiode im Winter.

2. Wie oft müssen Mieter lüften?

Der Vermieter darf detailliert vorschreiben, wie oft ein Mieter lüften muss, dabei muss er sich aber im Rahmen des Zumutbaren halten.

Die Rechtsprechung hierzu fällt uneinheitlich aus, weil die Gerichte auf die subjektive Belastungsgrenze des Mieters abstellen.

Unzumutbar ist es nach Ansicht des AG München, wenn ein Mieter ständig bei offenem Schlafzimmerfenster schlafen oder ganztägig die Fenster geöffnet lassen muss (Urteil vom 11.06.2010, Az.:412 C 11503/09).

Das LG Dortmund entschied, dass es einem Mieter nicht zuzumuten ist, täglich sieben Mal zu lüften (Urteil vom 20.11.2007 – 1 S 49/07).

Dies sei für berufstätige Menschen, die sich nur weniger als 14 Stunden täglich in ihrer Wohnung aufhalten, eine übermäßige Belastung.

Denn weder muss ein Mieter in seiner Abwesenheit jemanden beauftragen, der für ihn lüftet, noch seinen Nachtschlaf dafür unterbrechen, so das Gericht.  

Nach Auffassung des LG Konstanz kann Mietern höchstens abverlangt werden, dreimal täglich die Wohnung zu lüften (Urteil vom 20.12.2012, Az.: 61 S 21/12 A), andere Gerichte halten zum Teil vier- oder fünfmaliges Lüften noch für zumutbar.

3. Wozu sind Mieter bezüglich des Lüftens verpflichtet?

Wenn Ihr Mietvertrag keine speziellen Vorgaben enthält, müssen Sie sich als Mieter um ein übliches und ausreichendes Lüftungsverhalten bemühen.

Als üblich gilt es, die Wohnung mindestens einmal morgens und einmal abends für 10 bis 15 Minuten stoßzulüften oder gründlich querzulüften – das heißt, alle Fenster und Türen für mehrere Minuten zu öffnen.

Fragen Sie aber vorsichtshalber Ihren Vermieter, welche Belüftung er für Ihre Wohnung vorschlägt.

Denn der Vermieter kennt die Besonderheiten seiner Immobilie wahrscheinlich am besten.

Falls er Ihnen jedoch einen falschen Rat gibt und Sie ihn befolgen, kann er Sie später nicht für Schimmelbildung haftbar machen.

Das LG Berlin befasste sich mit Feuchtigkeitsschäden, die durch übermäßiges Lüften im Sommer entstanden waren.

Der Vermieter hatte ein Informationsblatt zum Thema Lüften ausgegeben, in dem er zum “regelmäßigen Lüften” aufrief, weil nach seinen Ausführungen Feuchtigkeit nahezu immer aus der Raumluft komme.

Die Mieterin hielt daraufhin während der Sommermonate ganztägig die Fenster geöffnet.

Durch das Eindringen der feuchteren Außenluft in die trockenere Innenluft kam es im heißen August zu Schimmelbildung.

Nach Ansicht des Gerichts war der Schaden vom Vermieter zu verantworten (Urteil vom 06.04.2021, Az.: 67 S 358/20).

4. Ist falsches Lüften ein Kündigungsgrund?

Falsches Lüften ist eine Verletzung der Obhutspflicht aus dem Mietverhältnis.

Sofern dadurch ein erheblicher Schaden an der Mietsache eintritt, kann es ein Kündigungsgrund sein.

Das AG Hannover entschied einen Fall, in dem Mieter vier Jahre lang nie die Fenster weit geöffnet, sondern nur mit gekippten Fenstern gelüftet hatten (Urteil vom 31.08.2005, Az.: 565 C 15388/04).

Vor den Fenstern hatten sie mehrere Schichten Gardinen aufgehängt, weil sie der Meinung waren, es ziehe schon genug in der Wohnung.

In allen Räumen bildete sich schwarzer Schimmel an den Wänden, außerdem zeigten sich Ränder von Kondenswasser und Stockflecken rund um die Fenster.

Der Vermieter mahnte die Mieter ab, was aber keine Änderung ihres Lüftungsverhaltens bewirkte.

Daraufhin kündigte er das Mietverhältnis fristlos.

Das Gericht sah die Kündigung als wirksam an, da laut einem Sachverständigengutachten zweimaliges tägliches Stoßlüften von etwa 15 Minuten die Schimmelbildung hätte verhindern können.

5. Was kann der Vermieter tun, wenn der Mieter nicht richtig lüftet?

Wenn Sie als Mieter nicht richtig lüften, muss Ihr Vermieter Sie zunächst abmahnen.

Sind bereits Schäden eingetreten, kann er Sie auffordern, diese zu beseitigen.

Kommen Sie der Aufforderung nicht innerhalb der gesetzten Frist nach, kann Ihr Vermieter Sie auf Schadenersatz in Anspruch nehmen.

Nach vorheriger Abmahnung kommt auch eine fristlose Kündigung in Betracht, sofern Sie sich hartnäckig weigern, Ihre falschen Lüftungsgewohnheiten zu ändern.

6. Wie kann der Vermieter falsches Lüften nachweisen?

Beim Verdacht auf falsches Lüften darf der Vermieter nach vorheriger Ankündigung eine Wohnungsbesichtigung durchführen.

Er kann bereits bestehende Schäden zusammen mit einem Experten begutachten und Ihnen detaillierte Anweisungen für das richtige Lüften in Zukunft geben.

Ob Sie sich an diese Vorgaben halten, kann der Vermieter allerdings kaum kontrollieren.

Zwar darf er wiederholt zu angemeldeten Kontrollbesuchen erscheinen, kann aber nicht täglich beim Lüften anwesend sein.

Zum Nachweis der Schadensverursachung bleibt ihm nur die Möglichkeit, ein Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben.

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