Darf man nasse Wäsche anziehen? (Vor- & Nachteile)

faktengeprüft

Darf man nasse Wäsche anziehen

Nasse Wäsche sollte eigentlich im Trockner oder auf der Leine getrocknet werden, bevor wir sie anziehen.

Grundsätzlich ist es zwar möglich, nasse Kleidung zu tragen und am Körper trocknen zu lassen – allerdings hat dieses Vorgehen einige Nachteile, die nicht unerheblich sind.

Was Sie über das Tragen nasser Kleidung wissen sollten, erfahren Sie jetzt.

Wird man krank, wenn man nasse Kleidung trägt?

Jeder von uns kennt den gut gemeinten Hinweis unserer Eltern oder von Oma und Opa: „Zieh dir trockene Sachen an, sonst erkältest du dich!“

Doch stimmt es wirklich, dass nasse Kleidung eine Erkältung verursacht?

Streng genommen stimmt das so nicht: Erkältungen – also grippale Infekte der oberen Atemwege – werden durch Viren verursacht, nicht durch Kälte.

Ohne Viren würden Sie selbst in der Arktis nicht krank werden, wenn Sie dort leicht bekleidet oder mit nassen Haaren unterwegs wären.

Allerdings ist an der Volksweisheit dennoch indirekt ein Körnchen Wahrheit:

Wenn der Körper zu unterkühlen droht, wird vorrangig die Körperkerntemperatur aufrechterhalten – die Extremitäten und die Schleimhäute werden dann weniger durchblutet, um Wärmeverlust zu verringern.

Dadurch haben es Krankheitserreger wie Erkältungsviren dann leichter, über die Schleimhäute in den Körper einzudringen.

Insofern macht nasse Kleidung nicht direkt krank, kann aber schnell zu Unterkühlung führen, was unsere Abwehrfähigkeit reduziert und uns somit anfälliger für Erkältungen macht.

Was passiert, wenn man nasse Wäsche trägt?

Im Grunde genommen passiert vereinfacht gesagt nicht viel anderes, als wenn die Wäsche auf der Leine trocknet:

Die Wassermoleküle verdunsten aus dem nassen Kleidungsstück in die Umgebungsluft, wodurch das Textil schrittweise trocknet und gleichzeitig die Luftfeuchtigkeit der Umgebung erhöht.

Das Verdunsten von Wasser ist allerdings ein relativ energieintensiver Prozess – deshalb verbrauchen Wäschetrockner übrigens so viel Strom.

Um den Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatzustand zu machen, nehmen die Wassermoleküle in den Textilfasern die Wärmeenergie aus ihrer direkten Umgebung auf – sie „entziehen“ der Umgebung also Energie.

Wenn wir nasse Kleidung direkt am Körper tragen, können wir das unmittelbar spüren: ein nasses T-Shirt etwa fühlt sich nach kurzer Zeit sehr kühl an.

Das Wasser nutzt die Wärmeenergie des menschlichen Körpers, um schneller zu verdunsten.

Selbst bei eigentlich angenehmer Umgebungstemperatur ist der Energieentzug so hoch, dass es mit nasser Kleidung schnell unangenehm kalt werden kann.

Verstärkt wird dieser Effekt übrigens umso mehr, je mehr wir uns bewegen oder je windiger es ist – dadurch wird die Verdunstung beschleunigt (übrigens ist das die Erklärung des windchill-Effektes).

Was spricht dafür, nasse Wäsche anzuziehen?

Wäsche trocknet oft schneller

In den meisten Fällen trocknet Kleidung am Körper wesentlich schneller als auf der Wäscheleine in der Wohnung.

Das liegt zum einen an der konstanten Wärmezufuhr des Körpers, welche die Verdunstung beschleunigt.

Zum anderen bewegen wir uns in der Regel, wodurch sich die Luftzirkulation erhöht, was ebenfalls zu schnellerer Verdunstung führt.

Kühlung im Sommer

In heißen Sommern oder Gegenden mit generell hohen Lufttemperaturen können Sie sich den kühlenden Effekt von verdunstendem Wasser zu Nutze machen.

Schon seit Jahrtausenden wissen Menschen um die kühlende Wirkung von Verdunstung.

Das Umweltbundesamt hat unlängst das Potenzial der Vedunstungskühlung erkannt und daraus Handlungsempfehlungen zur Kühlung von Gebäude und Städten abgeleitet.

Nasse Kleidung am Körper wirkt deshalb wie eine natürliche, mobile Klimaanlage und kann selbst in sehr heißem Wetter für angenehme Kühle sorgen.

Bügeln kann wegfallen

Je nachdem, wie knitteranfällig die Kleidung ist, können Sie sich möglicherweise das Bügeln komplett sparen, wenn Sie sie direkt feucht oder nass anziehen.

Durch das Tragen am Körper wird die Kleidung in ihre normale Form gebracht und die Körperwärme sorgt dafür, dass die Kleidung nahezu faltenfrei trocknet.

Keine Alternative

Nicht immer haben wir die Möglichkeit, die nasse Wäsche in den Trockner zu tun oder einfach ein trockenes Kleidungsstück aus dem Schrank zu nehmen.

Manchmal muss es schnell gehen, und keine trockene Kleidung ist griffbereit.

Andere Male werden wir oder unsere Wäsche unerwartet nass – beispielsweise durch einen Regenschauer auf Reisen – oder viele andere Gründe.

Dann stehen wir vor der Frage: nass anziehen oder nicht? Ohne eine trockene Alternative rückt diese Option dann schnell in den Bereich des Vorstellbaren.

Was spricht gegen das Tragen nasser Wäsche?

Gefahr der Unterkühlung

Was im heißen Sommer wünschenswert sein kann, wird in den meisten Fällen zur Gefahr:

Nasse Wäsche entzieht dem Körper erstaunlich große Mengen an Energie, was zu teilweise starker Abkühlung der oberen Hautschichten führen kann.

Dadurch wird uns schnell kalt – selbst in Umgebungstemperaturen, die eigentlich absolut ausreichend warm sind.

Dieser auskühlende Effekt ist besonders stark, wenn wir die nasse Wäsche direkt auf der Haut tragen.

Außerdem spielt es eine Rolle, ob die nasse Wäsche gleichzeitig die äußerste Kleidungsschicht ist oder noch andere Schichten darüber liegen – äußere Schichten beschleunigen die Verdunstung und somit die Auskühlung.

Im ungünstigsten Fall steigt dadurch das Risiko deutlich, dass wir uns erkälten oder etwa eine lokale Unterkühlung bekommen (Blase, Niere, etc.).

Zudem neigen unterkühlte Muskeln schneller zu Verspannungsschmerzen und sogar zu Verletzungen.

Unangenehmes Tragegefühl

Die wenigsten von uns finden es angenehm, in nasse Kleidung zu schlüpfen – insbesondere dann nicht, wenn sie direkt auf der Haut anliegt.

Das liegt nicht nur an dem kalten Gefühl, sondern auch daran, dass nasse Wäsche oft nicht richtig sitzt und sich unbequem klebrig und schwerfällig anfühlt.

Erhöhte Reibung

Je nachdem, um welches Kleidungsstück es sich handelt, können nasse Textilien schnell Abreibungen oder wunde Stellen an der Haut verursachen.

Typische Beispiele dafür sind nasse Hosen, aber auch nasse Kleidung unter den Armen.

Die Gefahr des Wundscheuerns ist natürlich umso höher, je dicker die Kleidung ist und je mehr wir uns darin bewegen.

Wie nass sollte die Wäsche höchstens sein?

Natürlich ist der Idealfall, nur trockene Kleidung anzuziehen – am besten lassen Sie sie also vor dem Tragen so gut es geht vortrocknen.

Das geht am besten draußen an frischer Luft, zur Not aber auch mit einem Fön oder sogar einem Bügeleisen (mehr dazu hier).

Doch wenn es nicht anders geht und die Wäsche nicht rechtzeitig trocken wird, ist die Frage: wie nass darf es sein?

Grundsätzlich gilt, dass die Kleidung so trocken wie möglich sein sollte: rollen Sie sie also vor dem Anziehen in ein saugfähiges Handtuch, um überschüssiges Wasser zu entfernen.

Keinesfalls sollte die Kleidung tropfen, wenn Sie sie anziehen – dadurch würde es nicht nur unverhältnismäßig lange dauern, bis sie trocken wird, sondern möglicherweise auch andere Kleidungsstücke unnötig nass machen.

Sind manche Kleidungsstücke eher geeignet als andere?

Ja, um welches Kleidungsstück es sich handelt macht in der Tat einen großen Unterschied dabei, wie schnell es trocknet und wie (un-) angenehm der Prozess ist.

Auch die Jahreszeit und die Umgebungstemperatur spielen eine große Rolle dabei, wie gut oder schlecht sich verschiedene nasse Kleidungsstücke tragen lassen.

So trocknen generell alle Kleidungsstücke am schnellsten, die direkt auf der Haut getragen werden und über denen sich keine anderen Kleidungsschichten befinden.

Das kann also das T-Shirt oder die Hose im Sommer sein, oder auch die bloße Unterwäsche in den eigenen vier Wänden.

In diesen Szenarien trägt die Körperwärme am effektivsten zur Verdunstung bei, und der direkte Kontakt mit der Umgebungsluft beschleunigt den Prozess durch Abtransport der feuchten Luft.

Allerdings führt dieser Weg auch zum größten Kühlungseffekt, was im Sommer wünschenswert sein kann, ansonsten aber auch schnell zu Unterkühlung führt.

Weniger schnell trocknen generell dickere Kleidungsstücke, die sehr saugfähig sind – beispielsweise Wollpullover, Jeans oder Jacken.

Weil insbesondere Pullover und Jacken meist nicht auf der Haut getragen werden, kühlen sie weniger aus, brauchen aber auch wesentlich länger zum Trocknen.

Daunenjacken sollten Sie übrigens nie am Körper trocknen, sondern immer im Trockner – warum, erfahren Sie hier.

Am schlechtesten geeignet für die Trocknung am Körper sind alle Kleidungsstücke, die als Zwischenschicht getragen werden.

Denn zum einen erreicht sie die Körperwärme nur eingeschränkt, zum anderen kann die Feuchtigkeit nicht abtransportiert werden, was die Trockenzeit extrem verlängert.

Im schlimmsten Fall bleiben diese Kleidungsstücke so lange feucht, dass sie anfangen, muffig zu riechen oder Stockflecken zu bilden.

Gleiches gilt deshalb übrigens für nasse Unterwäsche, die aus diesen Gründen nur sehr schlecht am Körper trocknet.

Sollten Sie also nasse Kleidung am Körper tragen müssen oder wollen, stellen Sie zumindest sicher, dass die Kleidungsstücke stets direkten Kontakt mit der Umgebungsluft haben.

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